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             Messestadt Leipzig zu DDR-Zeiten: in der Mitte das historische Rathaus auf dem Markt, rechts Trabbis vor dem Hochhaus der Karl-Marx-Universität
          ganz links leider unscharf das Völkerschlachtdenkmal                                                                                 und unten rechts die Oper


Categorie: Heimat

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"Mein Leipzig lob ich mir, es ist mein Klein-Paris und bildet seine Leute...." (Zitat Johann Wolfgang von Goethe)

Dieses Zitat kennen sicher viele Menschen.

Für mich war es 4 Jahre lang allgegenwärtig, nämlich während meiner Studienzeit an der Handelshochschule.
Leipzig ist eine tolle Stadt! - Es war einerseits eine anstrengende Zeit
und andererseits (aus heutiger Sicht) doch eine Zeit, in der ich relativ unbeschwert war!

Natürlich war das tägliche Leben vom Alltag in der DDR bestimmt - das bedeutete: ein geregelter durchgeplanter Tagesablauf
beim Studium mit Vorlesungen und Seminaren 6 Tage die Woche, tägliches Essen in der Mensa, Treffen mit vielen Studenten
und Gespräche über Politik und Wirtschaft.
All das war sowohl an der Handelshochschule als auch an der KMU - der Karl-Marx-Universität - für uns Studenten möglich.
Wer wollte, konnte abends in verschiedene Studentenclubs gehen (bekanntester die "Moritzbastei" in der KMU), man fuhr mit
der Straßenbahn kreuz und quer durch Leipzig und hatte dazu eine sogenannte "Strippenkarte" für die (Preis)Zonen der Stadt.
Man wohnte entweder im Studentenwohnheim oder in einer alten Wohnung mit Ofenheizung, die in schlecht oder gar nicht
sanierten Häusern lag - bei mir war nach einander beides der Fall. Dafür bezahlte ich 30 DDR-Mark Miete (!) im Monat,
allerdings bekam ich auch nur 190 Mark im Monat als "Studentengeld" vom Staat.
Die Preise für Nahrungsmittel wurden vom Staat gestützt, so dass man letztendlich - wenn man keine anderen Wünsche (!)
beim Einkaufen hatte - gut über die Runden kam, und die Eltern & Großeltern gaben auch ab und zu Lebensmittel
wie z.B. Gemüse und frische Eier vom Bauernhof mit.
Und in der Freizeit ging man ins "Naherholungsgebiet Auensee", zum Leipziger Zoo oder fuhr mit der "Pioniereisenbahn" durch
die Landschaft am See mit anschließendem "Bockwurst essen und Brause trinken".
Ja, alles in allem - ein angenehmes, gutes (Studenten)leben.

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 Das Leipziger historische Rathaus, davor der Eingang zu den Untergrund-Messehallen - Blätter aus einem meiner Tagebücher während meiner Studienzeit


Das kulturelle Leben nahm einen sehr großen Teil meines Studentenlebens ein. Es gab ganz viele Antiquariate, in denen ich
stundenlang stöberte und nach bestimmten Büchern suchte, ebenso verbrachte ich viel Zeit in Lesesälen und Bibliotheken
aber auch in Kinos und im Theater.
Zu Weihnachten gab es Konzerte in der Nikolai- oder der Thomaskirche - ich hatte das Glück,
den weltberühmten Thomaner Chor live im Konzert zu erleben, auch das Weihnachtsmoratorium von Johann Sebastian Bach
und letztendlich ein sehr schönes Orgelkonzert im neuen Gewandhaus von Leipzig - und das alles zum Ticketpreis für
Studenten von damals 3 DDR-Mark pro Ticket  (!) - ja, das waren die angenehmen Seiten!

Und noch etwas Angenehmes gab es - allerdings nur 2 Mal im Jahr: das war die Leipziger Messe.
Von der Organisation her/der Bewältigung der Unterbringung all der Menschen, der Versorgung mit Waren und Speisen etc.
war es eine Riesenherausforderung für die Organisatoren - gab es doch das übrige Jahr über KAUM etwas zu kaufen.
Doch zu Messezeiten gab es sogar Blumenkohl beim Konsum oder Apfelsinen, mit ganz viel Glück auch Bananen (!) - denn
die Führung wollte ja zeigen, dass es "uns allen gut ging" ...!
Ebenso war die Unterbringung ein großer Punkt - genug Hotelbetten gab es nicht, so mussten sogar wir Studenten die Stadt
verlassen und die Schlafplätze zur Verfügung stellen, wir hatten dann Semesterferien und fuhren heim zu den Eltern.
Ja, es war eine riesige Organisation - doch es war wichtig, dass sich die Welt zum Handel treiben in Leipzig traf - und so
hatten Einwohner und Studenten das Gefühl - wenn auch nur 2 Mal im Jahr - etwas "weltoffener" zu sein.

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2022 11 Leipzig 4 Gewandhaus

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  Der Leipziger Hauptbahnhof - ein imposantes Gebäude, der Bahnhof selbst hat 24 Bahnsteige und ist der größte Kopfbahnhof Europas - heutzutage ist er
  natürlich komplett restauriert
und mit großer Einkaufspassage. Damals - wie auf dem Foto zu sehen - mit Schlangen von Trabants auf dem Parkplatz davor
  und am Gebäude selbst sowohl mit DDR- Fahnen als auch mit roten Arbeiterfahnen geschmückt.

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Wenn man an Leipzig denkt, dann sollte man natürlich eins nicht vergessen: das ist der Auerbachs Keller, DAS historische
Restaurant in der Mädler-Passage, dort anwesend seit 1525. Bekannt geworden natürlich durch Goethes Faust.
Wir haben als Studenten sowohl zu Ausbildungszwecken als auch abends dort Zeit verbracht und - selbst beim Gläschen - den
Faust als auch den Mephisto rezitiert.
"Mein Leipzig lob ich mir.....!"  Ja, es war eine schöne Zeit!

*********************Angelika Seel Copyright******************** (alle Fotos: private Sammlung von A.Seel)