2021 08 07 Urlaub DDR 1
                                                                                                          Fotografien, zu sehen im heutigen Hotel "The Grand" in Ahrenshoop - zu DDR Zeiten war es ein FDGB-Heim


Categorie: Heimat
00. Germany

Urlaub zu DDR-Zeiten

Heutzutage - wenn wir nicht gerade "Corona haben", dann sucht man sich gemütlich ein Reiseziel aus, bucht im Reisebüro
oder im Internet - und die einzige Frage, die vorher wirklich zu stellen ist: Wieviel möchte ich ausgeben bzw.
wieviel kann ich ausgeben?
Ist das geklärt, gibt es eigentlich keinerlei Begrenzungen. Das gilt bis auf wenige Ausnahmen weltweit.

Davon haben wir früher in der DDR geträumt....................................!!!

Denn: es war zu DDR-Zeiten nämlich NICHT so, es war NICHT MÖGLICH zu reisen!
Wohin man wollte schon mal gar nicht  - und selbst im Inland war es schwierig....denn "einfach so" war es nie machbar!

Gut, werden Sie denken, ins Ausland reisen konnte man nicht - das wusste man ja schon.
Nun, es gab ja Ausnahmen. Die Ausnahmen waren die Staaten des "Warschauer Pakts" - letztendlich waren es
in der Praxis meistens Polen und die damalige Tschechoslowakei, für gut situierte Kreise machmal Ungarn (zum Balaton)
und ganz ausgefallen als Urlaubsziel war die damalige Sowjetunion, wobei es dabei meist ans Schwarze Meer auf die
Halbinsel Krim nach Sotschi ging.(was sich aber kaum einer leisten konnte)
Ja, und dann gab es den Balkan, also Bulgarien und Rumänien, was als Badereise sehr beliebt war, aber auch nicht jedes
Jahr einfach so möglich, da es für DDR-Einkommen relativ teuer war und die Plätze begrenzt (und: es gab eine Obergrenze,
was an DDR-Geld gewechselt werden durfte! Pro Person für die Dauer eines 14 tägigen Urlaubs - in Bulgarien waren das
z.B.175 Mark für 2 Wochen - das weiß ich noch ganz genau von unserem eigenen Bulgarienurlaub! Und Vorort
"weiteres" Geld umtauschen ging auch meist nicht, da die Leute alle nur D-Mark d.h. die westdeutsche "harte" Währung
haben wollten! - unsere DDR-Mark galt als "Aluminiumtaler" oder auch durch böse Zungen "Alu-chips" genannt...womit man
vieles nicht kaufen konnte, was man gern wollte.....)
Damit war das "Auslandreiseangebot" d.h. die Möglichkeiten, wo man im Ausland Urlaub machen konnte, erschöpft.

Somit richteten sich jeden Sommer die meisten Urlauber auf das DDR-Inland.
Sie können sich das so vorstellen:
Es gab den sog. FDGB - den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund.
Fast jeder, der arbeitete, war Mitglied in der Gewerkschaft.
Der FDGB bekam jedes Jahr die Kontingente der Hotels mit den zur Verfügung stehenden Plätzen.
(So wie heutzutage einfach ein Hotel anrufen und hinfahren, so funktionierte es nicht)
Die Plätze wurden nach Industriebetrieben aufgeteilt (es war ja ein Arbeiter-und Bauernstaat) - also bekamen die Betriebe
im Süden - z.B. in Apolda, wo die Textilindustrie saß und Halle, wo Leuna I und II zig Mitarbeiter hatte oder auch
Bitterfeld und Wolfen in den Chmemiebetrieben.....etc. etc. diese Firmen bekammen anteilig zur Mitarbeiterzahl die
Urlaubsplätze. Die Mitarbeiter in den Betrieben konnten sich darauf "bewerben" und bekamen einen Platz "zugeteilt"(!)
Wenn man Glück hatte, bekam man alle paar Jahre mal einen solchen Platz - denn es musste ja auch mal ein "Anderer"
an die Reihe kommen......(!)
Wenn man großes Glück hatte und bekam bei dieser Zuteilung einen Platz in einem FDGB-Heim an der Ostsee, war es für
viele Menschen wie ein Fünfer im Lotto!!!!!!!

Da meine Eltern nördlich von Berlin (im heutigen Bundesstaat Brandenburg) lebten, gab es dort oben nur wenig
FDGB-Plätze zu verteilen, da es - je weiter nördlich man kam - weniger Industriebetriebe oder Firmen,
die darauf ein Anrecht hatten, gab.
Ich kann mich noch daran erinnern, wenn ich als Kind fragte, wohin wir in den Urlaub fahren, und die Antwort war
so oft: "Wir wissen noch nicht, ob wir diesmal etwas kriegen!"
Mein Vater bekam nach 10 oder 11 Jahren ab und zu mal einen Platz an der Ostsee, das konnte die kleinste Hütte/Kammer
bei jemandem im Hinterhof sein - es durfte damals alles "ausgebaut &vermietet werden", gegessen wurde dann in
einem der FDGB-Heime - doch das machte nichts, Hauptsache, man war "oben an der Ostsee"!
Es war für uns das "Größte", wenn mein Vater von der Arbeit nach Hause kam und sagte:
"Endlich hat es geklappt - wir fahren dieses Jahr an die Ostsee!"  JUCHHUUUUU!

In den Jahren dazwischen gab es auch Plätze, die die Firmen "selbst" vergaben - so hatte die Firma meines Vaters
zwei Wohnwagen gekauft und diese im Wald an der Mecklenburgischen Seenplatte - z.B. in Mirow, Templin, Schwarz,
Waren/Müritz ...etc. aufgestellt. Das war dann wie öffentliches Camping" mit Wasser-holen irgendwo aus dem Brunnen,
Gemeinschaftswaschräumen und Plumsklo im Wald.
Selbst dafür musste man sich bewerben und bekam eine Zuteilung - oder eben auch nicht........

Wenn DAS alles nicht klappte, konnte man immer noch mit dem eigenen Zelt losziehen - allerdings waren selbst die
Zeltplätze heiß begehrt und oftmals ausgebucht!
Einen Zeltplatz an der Ostsee zu bekommen - z.B. in Boltenhagen, wo meine Eltern gern hinfuhren, war ebenso
ein kleines Wunder wie die Zeltausrüstung selbst zu bekommen/kaufen zu können.....

Sie sehen, die Urlaubsvorbereitung in der DDR nahm sehr viel Raum ein!
Und doch schafften wir es immer wieder - einerseits, überhaupt einen Platz zu bekommen und andererseits
das Beste daraus zu machen!
Es war natürlich eine andere Zeit, und die Ansprüche waren nicht so hoch wie heute...(man kannte ja auch
vieles gar nicht oder wusste nicht, dass es das überhaupt gab....- z.B. gar nicht zu vergleichen mit meinen Hotelerfahrungen
und Hotelbewertungen, die ich heutzutage mache...)
Doch ich habe an diese Zeit als Kind/Jugendlicher, in der ich mit meinen Eltern reiste, nur gute Erinnerungen!

Beispiel 1: Zelturlaub
2021 08 07 Urlaub DDR 2

Beispiel 2: Urlaub im Wohnwagen, hier ein Beispiel von der Mecklenburgischen Seenplatte
2021 08 07 Urlaub DDR 3
2021 08 07 Urlaub DDR 4

2021 08 07 Urlaub DDR 5 Mirow
                                                                                                                                                                       (alle Fotos: private Sammlung v. Angelika Seel)

*************************************************************************************************************************

Heutzutage - 30 Jahre später - sieht die Welt an der (ostdeutschen) Ostseeküste anders aus,
und zwar sehr modern - und auch bunt & schön und: die Umgebung ist sehr grün!
Und auch die Mecklenburgische Seenplatte ist sehr beliebt.
Vielfach wurden Hotels und Restaurants komplett restauriert bzw. renoviert - und auch die alten Schlösser
und Burgen, Windmühlen sowie Häuser mit Strohdach, die gerade in Mecklenburg zu DDR-Zeiten oftmals verfallen
sind - wurden inzwischen wunderbar wieder hergestellt und sind ein besonderer Tipp,
um die tolle Landschaft sowie die Natur im Osten Deutschlands positiv zu erfahren!

2021 08 07 Urlaub DDR 6 heute Ahrenshoop Mühle
                                                                                                                            Motive: tolle Naturlandschaften auf dem Darß/ Fotos: A. Seel

2021 08 07 Urlaub DDR 7 heute strohgedeckte Häuser

Und: das oben am Anfang des Artikels gezeigte Foto vom früheren FDGB-Heim zu DDR-Zeiten ist heutzutage komplett
neu aufgebaut und wird als Grandhotel im Ort Ahrenshoop weitergeführt.

2021 08 07 Urlaub DDR 8 heute Grandhotel Ahrenshoop

Ja, die Zeiten haben sich geändert - und das ist auch gut so!
So schön meine Kindheit - zusammen mit meinen Eltern auf Reisen - auch war, heutzutage habe ich die FREIHEIT,
mir das auszusuchen, was ich möchte bzw. bezahlen kann -  und dann mache ich das einfach!
Das ist ein unbeschreiblich gutes Gefühl!

********************************************Angelika Seel Copyright, Sommer 2021******************************************